Respekt.net startet Transparenz-Plattform für Steuerzahler Wer in Österreich zahlt wirklich wie viel Steuern? Das wissen weder Finanzminister noch die betroffenen Bürger. Der Verein Respekt.net präsentiert nun den Transparenz-Rechner www.SteuernZahlen.at. Damit können Steuerzahlende erstmals ihre tatsächliche Abgabenlast ermitteln. „Das gibt Stoff für die Steuerdiskussion“, sagen die Initiatoren Martin Winkler und Christian Köck vom Verein Respekt.net. Karl P., 28, ist Vorarbeiter bei einer Reinigungsfirma. Er verdient rund 21.000 Euro pro Jahr. 10.033 Euro, also rund 48 Prozent seines Lohns, liefert er an den Staat ab. Andrea L., 32, ist angestellte Controllerin. Von rd. 49.000 Euro Gehalt liefert sie etwa 24.680 Euro oder knapp über 50 Prozent an den Fiskus ab. Richard U., 54, ist leitender Beamter in einem Ministerium. Er bezieht 72.800 Euro an Jahresbezug. Er bezieht noch Mieteinkommen und Finanzerträge, was in Summe einen Jahreszufluss von 77.560 Euro ergibt. Davon liefert er über 54 Prozent an den Staat ab. Der erfolgreiche Unternehmer und Investor Josef S., 58, bezieht hauptsächlich Dividenden aus seinen Beteiligungen. Seine Jahreszuflüsse betragen etwas mehr als sechs Millionen Euro. Davon sind rund 1,884 Millionen an Steuern und Abgaben an den Staat geflossen, also rund 31 Prozent. Derartige Ergebnisse können ab sofort alle in Österreich steuerpflichtigen Personen auf SteuernZahlen.at anonym selbst ermitteln. Bisher wurde ein an seiner gesamten Steuerleistung interessierter Steuerzahlender vom Finanzministerium und der Politik alleine gelassen. Die traurige Wahrheit ist, dass das offizielle Österreich gar nicht will, dass wir Bürger das wissen. Damit ist nun Schluss. Es werden auf SteuernZahlen.at sämtliche direkten Steuern auf die Jahreszuflüsse als auch die indirekten Steuern (Konsumsteuern von A wie Alkoholsteuer über M wie Mehrwertsteuer bis V wie Versicherungssteuer) ermittelt und natürlich wird auch eine Gesamtabgabenlast inkl. Sozialversicherungsbeträgen dargestellt. Jahreszuflüsse umfassen alles was einem Steuerpflichtigen zufließt, von Lohn, Gehalt und Transferleistungen über selbständiges Einkommen bis zu Mieteinkünften, Zinserträgen, Dividenden, Schenkungen oder Erbschaften. Natürlich ist auch das dabei, was steuerfrei oder „an der Steuer vorbei“ bezogen wurde. Dann werden die Steuern auf den Vermögensbestand und auf Vermögensanschaffungen berücksichtigt und mit dem Vermögensstand ins Verhältnis gesetzt. Beim Großteil der Steuerzahlenden sind das Zinsen auf das Girokonto, auf den Bausparvertrag, auf das Sparbuch oder auf das Prämiensparen. Das Vermögen sind dann diese Ansparbeträge. Schließlich wird auch die Gesamtsteuerlast auf „alles was man hat“ errechnet. „Alles was man hat“ ist die Summe aus den Jahreszuflüssen und dem Vermögen. Bei der Gesamtsteuerlast werden daher auch die Vermögenssteuern (Grundsteuer) berücksichtigt. Wenn wir uns diese Gesamtsteuerlast bei unseren 4 Beispielen ansehen, dann gehen die Belastungen schon sehr stark auseinander. Die Bandbreiten schwanken von 3,24 bis 40 Prozent. Das heißt: Der eine Steuerzahlende liefert ein Zehntel und der andere das Zehnfache seiner Möglichkeiten ab. Damit wird ganz massiv über Lebensperspektiven entschieden. Wir werden die Ergebnisse laufend beobachten und über Bandbreiten im Sommer berichten. Im ersten Auswertungsbereich werden die wichtigsten eigenen Ergebnisse mit den Daten von Frau und Herrn Durchschnittsösterreicher verglichen. Dann folgt ein Detailauswertungsbereich mit allen absoluten und relativen Ergebnissen. Auch diese Daten werden mit dem Durchschnitt verglichen. Am Ende der Auswertungen wird gezeigt wie viele Kindergartenplätze, Volksschulplätze bis hin zu Krankenhausbetten mit der eigenen Steuerleistung finanziert werden. Winkler rechnet damit, dass SteuernZahlen.at Überraschungen bringen wird, „etwa die Erkenntnis, dass man als Einzelner gar nicht so viel finanziert wie man vielleicht meint. Ich selbst musste erkennen, dass meine gesamte Abgabenleistung kein ganzes Krankenhausbett für ein Jahr finanziert.“ Die Basisdaten für alle Vergleichsrechnungen stammen von der Statistik Austria bzw. bei den Vermögensdaten von der Oesterreichischen Nationalbank und der Universität Linz. Die Schätzungen zum Einkommen aus der Schattenwirtschaft stammen auch von der Uni Linz. Am 17. Juni 2014 um 12:00 Uhr startet die Internet-Plattform www.SteuernZahlen.at mit dem Bereich „Meine Steuern“. Dort kann jeder österreichische Steuerzahler erstmals seinen gesamten Steuerbeitrag völlig anonym ermitteln. „Aufgrund der ersten Tests gibt es wirklich spannende Ergebnisse“, sagt Winkler. Die Steuerbelastung auf die Zuflüsse geht von 30 Prozent bei Menschen mit hohem Kapital- und sonstigem Einkommen auf bis zu 60 Prozent bei Menschen mit mittlerem Einkommen und hohen Pendler- und Wohnungsausgaben. Hochrechnung auf ganz Österreich Während mit dem Bereich „Meine Steuern“ auf www.SteuernZahlen.at der Eigennutz befriedigt werden soll, geht es im Bereich „Unsere Steuern“ um den Gemeinnutz bei der Sache. Wie „Meine Steuern“ soll auch „Unsere Steuern“ mittels Crowdfunding finanziert werden. Auf Basis der Dateneingaben der Benutzer von „Meine Steuern“ soll im kommenden Jahr eine Datenaufbereitung für die Hochrechnung einer Gesamtsteuerstatistik erfolgen. Dafür wird man mit einem Forschungs- oder Universitätsinstitut zusammen arbeiten. Respekt.net freut sich diesbezüglich über Rückmeldungen von interessierten Einrichtungen. „Unsere Steuern“ wird ein Quantensprung bezüglich Faktenwissen zum Steuerthema. Prof. DDr. Christian Köck, Vorstand im Verein Respekt.net, wünscht sich daher eine rege Teilnahme: „Wenn viele tausend Menschen neugierig auf ihre Gesamtsteuerleistung sind, dann entsteht im Laufe eines Jahres die Basis für eine Gesamtsteuerstatistik, die eine Hochrechnung auf ganz Österreich ermöglicht. Damit stehen erstmals vollständige Steuerdaten zu Erwerbstätigengruppen vom Arbeitnehmer über Unternehmer, Beamte, freiberuflich Selbständige bis hin zu Land- und Forstwirten für die öffentliche Diskussion zur Verfügung. Wenn wir Schluss machen mit Halb- und Desinformation können wir der  Politik gewichtige Argumente für eine sozial ausgewogene Steuerreform liefern.“ Für „Unsere Steuern“ wurde ein Crowdfunding-Projekt auf der Plattform www.respekt.net aufgesetzt. Die URL lautet: http://www.respekt.net/projekte-unterstuetzen/details/projekt/741 „Es ist schon sehr bedenklich, dass Generationen von Finanzministern und das Finanzministerium kein Interesse an diesen Detaildaten hatten und haben. Ohne der tatsächlichen Gesamtsteuerleistung der Erwerbstätigengruppen kann doch keine seriöse Debatte über gerecht und ungerecht geführt werden“, so Köck weiter. Das offizielle Österreich muss sich fragen lassen ob es ein Mangel an Interesse ist oder ob es um den Schutz handfester Klientelinteressen geht. Dass die Steuerzahler das wissen wollen, zeigt die Studie der Firma Meinungsraum.at im Auftrag von Respekt.net in eindrucksvoller Art und Weise. 84% der Befragten erklären, dass eine gerechte Steuerreform nur durch Transparenz möglich ist. Alle Steuern berücksichtigt Berücksichtigt wurden alle Steuern von relevanter Bedeutung für natürliche Personen: Von der Lohn- und Einkommensteuer, über die Konsumsteuern wie die Alkohol-, Bier- oder Tabak- und Vergnügungssteuer bis hin zu vermögensbezogenen Steuern wie der Kapitalertragsteuer. In Summe wurden für www.SteuernZahlen.at an die 50 verschiedenen Steuern erfasst. Bei den Einkommen wurden auch alle Transfers in der Größenordnung von rund elf Milliarden Euro berücksichtigt. Auch die geschätzten Nachbarschaftseinkommen in der Dimension von rund 9,4 Milliarden Euro aus der Schattenwirtschaft sind berücksichtigt. Winkler: „Denn es geht uns um die reale und nicht um die fiktive Steuerlast.“ „Die tatsächliche Abgabenbelastung der Menschen in Österreich wird in der Steuerdiskussion und Verteilungsdebatte bis jetzt ausgeklammert“, kritisiert Köck. „Wir bringen jetzt mit www.SteuernZahlen.at eine neue Facette in die Diskussion ein. Wir laden sowohl Spitzenpolitiker, Spitzenmanager und Gewerkschafter sowie Organisationen der Zivilgesellschaft in ganz Österreich ein, sich selbst ein Bild von ihrer Abgabenlast zu machen.“ Vielleicht kann man auch offensichtliche Missverständnisse in der Steuerdebatte korrigieren. Durch die intensive öffentliche Diskussion zur Vermögenssteuer rückt diese Steuer stark in das Bewusstsein von Frau und Herrn Österreicher. So glauben die Befragten der Meinungsraum-Studie etwa, dass 16,7% der Steuerlast mit Vermögenssteuern erbracht wird. Das ist ein großer Irrtum. Nur knapp 5% der Steuerleistung stammen von vermögensbezogenen Steuern. Echte Vermögensbestandssteuern wie die Grundsteuer liegen bei knapp über 0% des vorhandenen Vermögens. So funktioniert www.SteuernZahlen.at www.SteuernZahlen.at ist völlig anonym. Alle Daten sind verschlüsselt und nicht kopierbar. Erstbesucher ziehen ein anonymes Ticket. Unter dem gezogenen Code kann dann die Steuerberechnung durchgeführt und immer wieder zurück gekehrt werden. Neben einigen statistischen Informationen wie Geschlecht, Alter, Erwerbstätigengruppe, Einkommensstatus und Bundesland, werden in den unterschiedlichen Steuerkategorien rund 100 weitere Eingabefelder abgefragt. Für die große Mehrheit sind wohl nur 60 Eingabefelder relevant. Um die relevanten Steuerdaten zu recherchieren wird von Respekt.net ein durchschnittlicher Zeitaufwand von zwei bis drei Stunden angenommen. „Die Eingabe der Daten bei www.SteuernZahlen.at ist dann in circa 30 Minuten fertig“, sagt Winkler. Die Leistungsfähigkeit der Server ist auf rund 1.000 User gleichzeitig ausgelegt. Die Vorbereitung und Erfassung der Daten ist mit vertretbarem Aufwand möglich, aber der eine oder andere wird vielleicht zusätzliche Hilfe benötigen. Das Steuersystem ist sehr komplex und es gibt viele Steuerarten und Daten dafür- Wir rufen daher die Kammern in Österreich auf, dass sie ihre Mitgliedern bei der Nutzung von SteuernZahlen.at unterstützen. Dort gibt es ausreichend fachliche Kapazitäten, um den Steuerpflichtigen an die Hand zu gehen. Damit können die Kammern ihren Mitgliedern helfen, dass diese über ihre gesamte Steuerleistung Bescheid wissen. Auch Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich mit benachteiligten Gruppen im Land beschäftigen, können hier einen wertvollen Beitrag leisten. Es soll diese Möglichkeit ja allen Menschen im Land offen stehen. Daher werden wir auch gezielt Einrichtungen wie die Armutskonferenz, die Caritas und die Diakonie ansprechen, dass sie mitwirken. Wir freuen uns auch über alle Steuerberatungskanzleien, die hier Unterstützung oder eine direkte Verbindung zur Plattform von Ihrer Website anbieten. Solides Rechenwerk Bei der Entwicklung der Plattform www.SteuernZahlen.at waren neben dem Team von Respekt.net auch mehrere Steuerberaterinnen und Steuerberatungskanzleien beteiligt. „Das Rechenwerk ist zutiefst fundiert“, sagt Winkler. „Jene Experten, die den Transparenzrechner bis jetzt getestet haben, waren sehr beeindruckt.“ Die erste Transparenz-Plattform für Steuernzahlende wurde wie schon bei anderen Eigenprojekten von Respekt.net mittels Crowdfunding finanziert. Spenden für mehr Transparenz www.SteuernZahlen.at ist eine Privatinitiative, die von Österreicherinnen und Österreichern finanziert wird. Engagierte Bürgerinnen und Bürger können das nächste Teilstück „Unsere Steuern“ dieser Initiative wieder selbst finanziell fördern: •    Online auf http://www.respekt.net/projekte-unterstuetzen/details/projekt/741 •    Oder auf das Projektkonto von Respekt.net (Kennwort „SteuernZahlen.at“):     Kontonr.: 111043536 bei der Raiffeisenlandesbank NÖ/Wien, BLZ 32000     IBAN: AT603200000111043536 und BIC: RLNWATWW Über Respekt.net: Respekt.net ist ein gemeinnütziger Verein für gesellschaftspolitisches Engagement, der mit innovativen Methoden gesellschaftspolitisches Engagement fördert. Das Ziel von Respekt.net ist es, Vorhaben zu unterstützen, mit denen BürgerInnen und Organisationen das private, wirtschaftliche und öffentliche Leben voranbringen. Alles über seine Zielsetzung und die Menschen dahinter finden Sie unter www.verein.respekt.net. Respekt.net betreibt die Crowdfunding-Plattform www.respekt.net und hat die Politik-Transparenz-Plattform www.meineabgeordneten.at initiiert. Seit dem öffentlichen Launch von www.respekt.net im September 2010 haben mehr als 3.200 InvestorInnen über 670.000 Euro für Projekte gespendet. Mehr als 500 Projekte wurden auf www.respekt.net eingereicht. Mehr als 170 Projekte wurden bislang erfolgreich finanziert und davon mehr als 130 bereits abgeschlossen. 26 Projekte befinden sich in der Finanzierungsphase und suchen Unterstützung. Derzeit hat die Plattform von Respekt.net knapp 10.000 registrierte User. Auf www.meineabgeordneten.at stehen die Dossiers von mehr als 400 Politikerinnen und Politiker zur Verfügung, damit sich das Wahlvolk in Österreich ein umfassendes Bild zu den Tätigkeiten der politischen Kaste machen kann. Mehr als 1 Mio. Seitenaufrufe zeigen das anhaltende Interesse an dieser Transparenz-Plattform. Rückfragehinweis:                        Verein Respekt.net Pamina Ackerbauer Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit Tel.: +43 1 402 01 62 office@respekt.net http://www.verein.respekt.net